Die Bibel steckt voller Geschichten über die Wunder, die Gott und Jesus vollbracht haben. Viele der Wunder sind weltberühmt: Wie Gott Mose hilft, das Schilfmeer zu teilen , um das Volk Israel vor den Ägyptern zu retten. Oder wie Gott Jona vor dem Ertrinken bewahrt , indem er einen großen Fisch schickt, der Jona verschlingt. Auch aus dem Leben von Jesus berichten die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes über zahlreiche Wunder – von der Heilung des Blinden über die Heilung des Taubstummen bis hin zu Jesu Auferstehung.
Wohl jede und jeder von uns hat auf einer Feier schon mal einen Scherz darüber gemacht, Wasser in Wein zu verwandeln, über das Wasser zu laufen oder mit ganz wenig Essen ganz viele Menschen satt zu machen. Lauter Geschichten über Jesu Leben und Wirken aus dem Neuen Testament erzählen von wundersamen Taten.
Jesu Wunder: Was ist überhaupt ein Wunder?
Wenn wir sagen „Das ist wirklich ein Wunder“, bringen wir zum Ausdruck, dass etwas geschehen ist, was unseren Erfahrungen widerspricht und womit wir nicht gerechnet haben. Wundergeschichten in der Bibel erzählen davon, dass in unserem Leben mit Gott Dinge möglich sind, die wir für unmöglich halten. Die vielen Wunder, die von Jesus berichtet werden, sollen zwar verdeutlichen, wie eng die Beziehung von Jesus zu Gott ist. Aber Jesus selbst hat abgelehnt, Wunder nur als Beweis dafür zu erbringen, dass er selbst göttliche Macht besitzt.
Wunder eignen sich nicht als Weg zum Glauben, sondern sie setzen den Glauben bereits voraus. Wunder zeigen, welche Kraft der Glaube haben kann. „Glaube kann Berge versetzen“, sagt der Volksmund. Auch dieses Sprichwort geht auf Jesus zurück. Im Matthäusevangelium (Matthäus 17,20-21) sagt Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern, die auch die 12 Apostel genannt werden:
„Wenn euer Glaube nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr diesem Berg befehlen: Geh von hier nach dort! – Und er wird dorthin gehen. Dann wird für euch nichts unmöglich sein.“
Sind Jesu Wunder wirklich geschehen?
An den Wundergeschichten im Neuen Testament lässt sich besonders gut erklären, wie unterschiedlich die Bibel gelesen und verstanden werden kann. Viele Christinnen und Christen in der Welt sind sich sicher: Diese Wunder hat Jesus vollbracht – und zwar genau so, wie sie in der Bibel beschrieben werden. Aber so alt wie die Wundergeschichten sind auch die Zweifel an ihnen.
Die Evangelien sind wie die ganze Bibel keine journalistischen Tatsachenberichte, sondern Erzählungen von Gottes- und Glaubenserfahrungen. Es lohnt sich zu überlegen, warum die Evangelisten Matthäus (Evangelium nach Matthäus) , Markus (Evangelium nach Markus) , Lukas (Evangelium nach Lukas) und Johannes (Evangelium nach Johannes) eine Wundergeschichte von Jesus so und an dieser Stelle erzählt haben. Alle Evangelien sind erst nach Jesu Tod entstanden. Sie wurden zum Trost für eine Gemeinde aufgeschrieben, die durch diesen Tod verunsichert war und sich fragte, wie es ohne Jesus weitergehen kann.
Ein Wunder, das nicht in der Weise passiert ist, wie es in der Bibel beschrieben wird, wird dadurch nicht unwahr. Immer verbirgt sich hinter den Geschichten eine tiefere Glaubenswahrheit und sie haben einen hohen symbolischen Gehalt. Der Glaube an Wunder ist daher auch heute für moderne Menschen möglich, die der Wissenschaft vertrauen.
Welche Wunder hat Jesus vollbracht?
In der Bibel wird von vielen Wundern, die Jesus vollbracht haben soll, berichtet. Die bekanntesten sind:
Das Wunder der Hochzeit in Kana: Die Verwandlung von Wasser in Wein
Im Johannesevangelium wird erzählt, wie Jesus mit seiner Mutter und den Jüngerinnen und Jüngern zu Gast bei einer Hochzeit in Kana (Johannes 2,1-11) ist, als der Wein ausgeht. Jesus fordert die Diener auf, sechs Krüge mit Wasser zu füllen. Als sie daraus schöpfen, ist aus dem Wasser Wein geworden.
Symbolisch betrachtet hat das Wunder Jesu für mehrere tiefere Bedeutungen. Die Verwandlung von Wasser in Wein zeigt nicht nur Jesus Macht über die greifbaren Dinge dieser Welt, sondern auch seine Bereitschaft, die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen und ihnen Freude zu bringen. Die Verwandlung des Wassers in Wein kann als Zeichen für die Wandlung verstanden werden, die durch Jesus möglich ist – von Mangel zu Überfluss, von alltäglichem Leben zu einer neuen, reichhaltigen Erfahrung des Glaubens. Zudem spiegelt es die Bedeutung der Feier des Lebens und der christlichen Gemeinschaft wider, indem es die Freude und das gemeinsame Teilen der Menschen betont. In einem weiteren Sinn symbolisiert die Verwandlung auch das neue Leben und die Erneuerung, die durch den Glauben an Jesus Christus möglich werden.
Das Wunder der Speisung der 5000
Alle Evangelien schildern in unterschiedlichen Varianten von der Speisung der 5000 . Immer geht es darum, dass eine große Menschenmenge von fünftausend Mann bei Jesus lagert und versorgt werden soll. Die Jüngerinnen und Jünger wollen sie fortschicken. Aber Jesus ermutigt sie, auf sich selbst und ihren Glauben zu vertrauen: „Gebt doch ihr ihnen etwas zu essen.“ Dann lässt er sich fünf Brote und zwei Fische bringen, teilt sie – und alle werden satt. Am Ende bleiben noch zwölf Körbe mit Essen übrig. Im Matthäusevangelium (Matthäus 15) und im Markusevangelium (Markus 8) gibt es die Wundergeschichte gleich doppelt, diesmal als Speisung der 4000 mit sieben Broten und einigen Fischen.
Das Wunder der Speisung hat eine tiefe symbolische Bedeutung und verdeutlicht die göttliche Fürsorge und die Fähigkeit Jesu, das Unmögliche möglich zu machen, indem er eine riesige Menschenmenge mit nur wenigen Lebensmitteln satt macht. Das Wunder zeigt, dass Jesus in der Lage ist, Überfluss aus Mangel zu schaffen und die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen. Es symbolisiert auch den Glauben und das Vertrauen in Gottes Fürsorge, selbst wenn die eigenen Mittel begrenzt erscheinen.
Jesus läuft über das Wasser
Berühmt ist auch das Wunder, wie Jesus über das Wasser geht. Das Wunder Jesu wird im Matthäusevangelium (Matthäus 14) , im Markusevangelium (Markus 6) und im Johannesevangelium (Johannes 6) erzählt. Die Jünger im Boot erschrecken, als Jesus über den See auf sie zukommt, und halten ihn zunächst für ein Gespenst. Aber Jesus beruhigt sie: „Fürchtet euch nicht!“ Auch diese Wundergeschichte lässt sich als Ermutigung für eine verunsicherte Gemeinde verstehen, dass Jesus über seinen Tod hinaus einen Platz im Leben der Menschen hat.
Das Wunder der reichen Fischernte: Jesus ruft die ersten Jünger
Im Lukasevangelium (Lukas 5) ist zu lesen, wie Jesus auf der Suche nach Menschen, die ihm nachfolgen, auf Fischer trifft, die die ganze Nacht erfolglos waren. Jesus fordert sie auf, erneut auszufahren und die Netze auszuwerfen. Und die Fischer fangen so viele Fische, dass die Netze zu reißen drohen.
Das Wunder des reichen Fischfangs trägt eine tiefgehende symbolische Bedeutung. Als Jesus die Fischer trotz erfolglosen Fangs auffordert, erneut ihre Netze auszuwerfen und sie dann ganz viele Fische fangen, wird abermals die Kraft der Verwandlung deutlich – aus Mangel Fülle zu schaffen und Hoffnung in Zeiten der Enttäuschung zu bringen. Das Wunder symbolisiert auch die Berufung der ersten Jünger, die als Teil der 12 Apostel Jesu berufen wurden, um das Evangelium zu verbreiten und Menschen zu seinen Nachfolgern zu machen.
Die Heilswunder Jesu
Ganz viele Wundergeschichten drehen sich um Heilungen, die Jesus vollbracht hat. Die Heilswunder Jesu gehören zu den beeindruckendsten und bedeutendsten Ereignissen in Jesu Leben und Wirken. Diese Wundergeschichten, die sich um die Heilung von Kranken und Gebrechlichen drehen, zeugen von Nächstenliebe und zeigen vor allem das tiefgehende Mitgefühl und die Fürsorge Jesu für die Menschen. Im Folgenden finden sich die Heilswunder im einzelnen zusammengefasst:
Die Heilung des Blinden: Von der Barmherzigkeit und heilenden Kraft Jesu
Im Markusevangelium wird ähnlich wie im Matthäus- und im Lukasevangelium die Heilung des blinden Bartimäus auf dem Weg von Jesus nach Jerusalem kurz vor seiner Festnahme beschrieben. Die Heilsgeschichte handelt von der großen Barmherzigkeit und der heilenden Kraft Jesu.
Die Geschichte erzählt von dem armen, blinden Bettler Bartimäus, der am Straßenrand sitzt und um Almosen bettelt, als er hört, dass Jesus vorbeikommt. Er beginnt laut zu rufen: „Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Trotz der Versuche der Menge, ihn zum Schweigen zu bringen, schreit Bartimäus noch lauter, bis Jesus ihn zu sich ruft.
Jesus fragt den Blinden erst: „Was soll ich für dich tun?“ Der Blinde antwortet: „Rabbuni, dass ich sehen kann!“ Bei „Rabbuni“ handelt es sich um ein aramäisches Wort, das so viel wie „Mein Meister“ oder „Mein Lehrer“ bedeutet. Die Heilung erfolgt durch den Glauben, indem Jesus zu ihm sagt: „Geh nur, dein Glaube hat dich gerettet“. Sogleich konnte Bartimäus sehen und folgte Jesus auf seinem Weg.
Die Heilsgeschichte Jesu erzählt nicht nur von einem körperlichen Wunder, sondern hat zugleich eine tiefe spirituelle Bedeutung. Diese handelt von dem Glauben und tiefen Vertrauen in Jesus und soll die Menschen ermutigen, auch in Zeiten der Not den Glauben und die Hoffnung nicht zu verlieren – und auf die rettende und heilende Kraft von Jesus zu vertrauen.
Die Heilung des Gelähmten
Ähnlich wie in der Heilung des Blinden verhält es sich in der im Markusevangelium erzählten Wunderheilung des Gelähmten . Diese Heilsgeschichte zeigt nicht nur die heilende Kraft von Jesus, sondern auch, wie wertvoll Glaube und Gemeinschaft sind.
In der Geschichte bringen vier Männer einen Gelähmten auf einer Trage in ein Haus, in dem Jesus sich befindet. Da sie nicht durch die Menschenmenge zu Jesus kommen, steigen sie auf das Dach des Hauses, decken dieses ab und lassen den Gelähmten auf der Trage hinunter direkt zu Jesus. Jesus erkennt den großen Glauben an, vergibt dem Gelähmten seine Sünden, also alles, was ihn von Gott trennt, und fordert ihn auf: „Steh auf, nimm deine Matte und geh nach Hause.“ Sofort ist der Gelähmte geheilt und steht auf.
Wie alle durch Gott und Jesus vollbrachten Wunder, wird auch in dieser Heilsgeschichte die tiefe Bedeutung der verwandelnden Kraft aufgezeigt. Diese Kraft des Glaubens liegt in der ihr innewohnenden Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe sowie in der Hoffnung und dem Glauben an Vergebung.
Die Heilung eines Taubstummen
Das Wunder der Heilung eines Taubstummen wird im Markusevangelium (Markus 7,31-37) erzählt. Lukas schildert in der Heilungsgeschichte das Wunder, wie Jesus auf dem Weg nach Jerusalem gleich zehn aussätzige Männer heilt. Dies tut er, indem er den Aussätzigen begegnet und auf ihren Ruf nach Erbarmen antwortet. Jesus sagt zu ihnen: „Geht, zeigt euch den Priestern.“ Auf dem Weg dorthin werden sie alle rein und geheilt. Nur einer von ihnen – ausgerechnet ein Samariter, dessen Glaubenspraxis sich von der jüdischen unterscheidet – kommt zurück und lobt Gott. Auch ihm sagt Jesus: „Dein Glaube hat dich gerettet.“
Neben der verwandelnden Kraft handelt dieses Wunder auch von der Dankbarkeit und zeigt, dass der Glaube an die heilende und erlösende Kraft Wunder in jedem von uns bewirken kann.
Die tiefe Bedeutung der Wunder Jesu für jeden von uns
Die Erzählungen der Wunder Jesu laden uns ein, die heilende und erlösende Kraft Jesu in unserem Leben zu erkennen und zu schätzen. Die Wunder- und Heilungsgeschichten erinnern uns daran, dass wir in Zeiten der Not den Glauben bewahren und auch in Momenten des Glücks und der Heilung nicht vergessen sollten, Dankbarkeit zu zeigen. So wie der Samariter zurückkehrte, um Gott zu danken, sollten auch wir stets den Blick für das Göttliche in unserem Leben bewahren und unsere Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.
Darüber hinaus brechen Jesu Wunder oft soziale Normen und Grenzen zwischen Menschen, um zu zeigen, dass benachteiligte Menschen nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollten. Ganz im Gegenteil: Die Gesellschaft soll nach christlicher Glaubenslehre allen Menschen offenstehen, unabhängig von sozialem Status, Herkunft, Geschlecht oder körperlichen Einschränkungen – so wie es das Reich Gottes tut. Diesen inklusiven Ansatz verfolgt die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) in allen Bereichen ihres religiösen und gesellschaftlichen Wirkens.
Jesu Handeln fordert uns auf, Mitgefühl und Nächstenliebe in unserem Alltag zu praktizieren und eine inklusive Gemeinschaft zu schaffen, in der jeder Mensch wertgeschätzt und respektiert wird.