Die „Queere Kirche“ setzt sich aktiv für LGBTQIA+-Personen und ihre Rechte ein. Sie ist aber nicht nur eine neue Gemeindeform in Köln, sondern für uns als Evangelische Kirche im Rheinland auch ein allgemeines Vorbild. Alle Gemeinden sollen sichere Orte für queere Menschen sein und somit selbst zu „Queeren Kirchen“ werden, in denen LGBTQIA+-Personen willkommen sind.
„Kann denn Liebe Sünde sein?“ ist nicht nur ein Lied von Zarah Leander, sondern auch eine Frage, die sich viele Menschen stellen. Gott liebt alle Menschen gleich: Das ist die Botschaft der Bibel, wie Jesus sie den Menschen nahebringt. In seinem Leben und Wirken gibt Jesus den Menschen auch mit auf den Weg, den oder die Nächste zu lieben wie sich selbst.
Das schließt für uns in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) die gleichgeschlechtliche Ehe mit ein – und dass Männer andere Männer lieben dürfen und Frauen auch Frauen heiraten dürfen. Homosexualität ist ebenfalls kein Ausschlusskriterium dafür, ein Amt in der Kirche anzunehmen. Das gilt generell für die sexuelle Orientierung. Die Queere Kirche Köln setzt sich dafür in besonderer Weise ein.
LGBT+ in der evangelischen Kirche: Gott liebt alle Menschen
Lange wurden viele Menschen in der Kirche diskriminiert und ihnen wurde das Recht auf eine selbstbestimmte geschlechtliche Identität aberkannt. Und das ist auch heute an vielen Stellen noch der Fall. Dabei sollte es eigentlich klar sein, dass Ausgrenzung mit dem christlichen Glauben nur wenig zu tun haben kann. Für uns sind alle Menschen zum Ebenbild Gottes geschaffen und haben die gleiche Würde. Unterschiede wie Geschlecht, Kultur und Status spielen vor Christus keine Rolle.
Für die Inklusion queerer Menschen in der evangelischen Kirche setzt sich die Evangelische Kirche in Deutschland vor allem auf politischer Ebene und in gesellschaftlichen Diskussionen ein. Das tun wir als evangelische Landeskirche im Rheinland ebenfalls, aber der Einsatz für die Rechte queerer Menschen wird auch im Alltag und vor Ort sichtbar. Das zeigt sich unter anderem in folgenden Punkten:
- Segnung gleichgeschlechtlicher Paare: In unserer evangelischen Landeskirche ist nicht nur die Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare erlaubt. Wir haben auch die vollständige Gleichstellung von Trauungen für gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Paare
- Öffnung des Pfarramts: Queere Menschen, einschließlich homosexueller Pfarrerinnen und Pfarrer, haben die gleichen Rechte wie alle anderen Pfarrpersonen und können ihr Amt so unabhängig von der sexuellen Orientierung ausüben.
- Offizielle Erklärungen und Positionen: Die Evangelische Kirche im Rheinland hat wie viele weitere Landeskirchen der EKD verschiedene Erklärungen veröffentlicht, die Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität verurteilen und zur Akzeptanz aufrufen. Dafür setzt die evangelische Kirche sich auch im Kontakt mit der Politik ein.
- Dialog und Bildung: Wir fördern den Dialog über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität und unterstützen Bildungsinitiativen, um Vorurteile abzubauen, die Akzeptanz zu fördern, und wir setzen uns für die Inklusion von LGBT+-Personen ein.
Homosexualität in der Bibel: Theologie sieht Homosexualität nicht verurteilt
In Kommentarspalten in den sozialen Netzwerken finden sich immer wieder Beiträge, die den Eindruck vermitteln, dass Homosexualität in der Bibel eindeutig verurteilt werde. Dagegen sprechen jedoch gleich mehrere Punkte: aktuelle Erkenntnisse der Theologie, viele andere Bibelstellen und ein Blick darauf, wie Sexualität in der Bibel generell dargestellt wird.
Teile der Religionswissenschaft haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Darstellung von Homosexualität in der Bibel auseinandergesetzt. Die Theologin Ilse Müllner sagte zum Thema Homosexualität in der Bibel in einem Interview :
„An keiner Stelle verurteilt die Bibel Homosexualität!“
Auch der Theologe Hartmut Rosenau kam in einem Artikel 2023 zu einer ähnlichen Erkenntnis. Beide stellen fest, dass vermeintlich negativ behaftete Bibelstellen nicht das darstellen, was wir heute unter Homosexualität verstehen: eine einvernehmliche Geschlechtsbeziehung zwischen Menschen. Das gilt nach Ansicht von Rosenau übrigens auch für die Ehe von heterosexuellen Paaren. Das Eheverständnis, wie es heute meist dargestellt wird, geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Die Ehe in der Bibel dagegen auf gesellschaftliche Entwicklungen von vor mehr als 2000 Jahren. Das lasse sich schlicht nicht gleichsetzen.
Homosexualität in der Bibel – die Bibel nicht an jeder Stelle wörtlich nehmen
Dafür, dass die Bibelstellen sich im Hinblick auf Homosexualität nicht gleichsetzen lassen, spricht auch, dass evangelische Christinnen und Christen die Bibel längst nicht an jeder Stelle wörtlich nehmen. Dass jemand sich so kleidet, ernährt und verhält, wie es die Bibelstellen des Alten Testaments vorgeben, ist höchst unwahrscheinlich. Und doch lohnt natürlich ein Blick in die Bibel, wenn es um das Thema Sexualität und vor allem Liebe geht.
Zum einen steht über allem das Gebot der Nächstenliebe. In den Bibelversen von Galater 3,28 heißt es:
„Es spielt keine Rolle mehr, ob ihr Juden seid oder Griechen, Sklaven oder freie Menschen, Männer oder Frauen. Denn durch eure Verbindung mit Christus Jesus seid ihr alle wie ein Mensch geworden.“
Diese Bibelstelle lässt sich auf Fragen nach der Sexualität beziehen: Es geht nicht darum, ob man männlich oder weiblich ist oder wen man liebt, sondern dass man an Jesus Christus glaubt.
Queere Kirche: Was sagt die evangelische Kirche zur gleichgeschlechtlichen Ehe?
Seit 2016 ist die kirchliche Trauung für homo- und heterosexuelle Paare in der Evangelischen Kirche im Rheinland gleichermaßen möglich. Frauen heiraten Frauen, Männer heiraten Männer in unserer Evangelischen Kirche im Rheinland – und auch alle weiteren Menschen mit diversen Geschlechteridentitäten können bei uns kirchlich heiraten. Längst nicht in allen evangelischen Landeskirchen ist das so. Und hier liegt auch ein Unterschied zur Praxis in der katholischen Kirche, in der die Trauung homosexueller Paare undenkbar ist.
Aber auch in der rheinischen Kirche hat es bis zur Gleichstellung bei der Trauung eine längere Entwicklung gegeben. Im Jahr 2000 hatte die rheinische Synode bereits eine sogenannte Gottesdienstliche Begleitung für gleichgeschlechtlich Liebende möglich gemacht. Anders als die Trauung war sie aber keine Amtshandlung. Das wurde erst 2016 der Fall. Und bis 2024 konnten Pfarrerinnen und Pfarrer gleichgeschlechtliche Trauungen ablehnen.
Seit 2024 die Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Paaren beschlossen wurde, müssen Pfarrerinnen und Pfarrer anzeigen und begründen, warum sie oder er für sich ein schwerwiegendes Hindernis sieht, eine Amtshandlung durchzuführen. Das bedeutet aber nicht mehr, dass die Trauung dann gar nicht stattfindet. Denn der Superintendent oder die Superintendentin – und damit der oder die Vorgesetzte – müssen dann für die Durchführung der Trauung sorgen.
Queere Kirche: Dürfen Homosexuelle auch Pfarrerin oder Pfarrer werden?
Homosexuelle Menschen können in der Evangelischen Kirche im Rheinland Pfarrerin oder Pfarrer werden.
Was für das Pfarramt gilt, gilt auch für andere Ämter oder Berufe innerhalb der Evangelischen Kirche im Rheinland. Dabei darf die sexuelle Orientierung keine Rolle spielen. Auch die Regelungen zur kirchlichen Trauung gelten für Pfarrerinnen und Pfarrer. Sie dürfen heiraten und gleichgeschlechtliche Partnerinnen oder Partner haben.
Queere Kirche will gegen Diskriminierung der LSBTIQ*-Community eintreten
Die Möglichkeit zur Trauung und weitere Entwicklungen bedeuten aber noch lange nicht, dass es keine Diskriminierung in der Kirche gibt. Deshalb setzt sich die Evangelische Kirche im Rheinland an vielen Stellen für Menschen der LSBTIQ*-Community ein. Diese Buchstabenkombination steht für: lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich, intergeschlechtlich und queer. Das Sternchen steht für alle Menschen, die sich nicht einem der Begriffe in der Abkürzung zuordnen – aber genauso wenig der Beschreibung männlich oder weiblich. Bei vielen Gruppen und Organisationen ist auch die Abkürzung für die englischen Begriffe zu finden: LGBTIQ* oder LGBTQIA+, wobei das A für asexuell steht und das Plus die gleiche Funktion wie der Stern erfüllt.
Queere Kirche will digital und in Gottesdiensten eine offene Kirche sein
Einen Beitrag gegen Diskriminierung leistet vor allem die Queere Kirche in Köln . Die Queere Kirche ist queer, jung und digital – drei Attribute, die man selten mit Kirche verbindet. Die Queere Kirche Köln möchte einen Raum für queere Menschen schaffen, in dem sie ihren Glauben, ihre Liebe und ihre Gemeinschaft leben können. Sie tut dies mit queeren Gottesdiensten, Partys oder dadurch, dass sie auf Social-Media-Plattformen ansprechbar ist für alle, die die Kirche offen und vielfältig gestalten wollen.
Die Queere Kirche ist ein zentrales Angebot für alle Menschen, die nach einem sicheren Ort suchen, um sich mit anderen auszutauschen. Das gilt vor allem für Menschen, die in der Gemeinde vor Ort vielleicht solch einen Ort zum Austausch nicht finden. Gleichzeitig ist die Queere Kirche aber auch Vorbild für Ortsgemeinden, wie man solche sicheren Orte schaffen kann und wie man queere Themen in Gottesdiensten, Feiern oder kirchlichen Gruppen und Treffs behandeln kann.
Anlaufstellen und Angebote:
Queere Kirche Köln: https://www.queere-kirche-koeln.de/
Queere Kirche Ruhr auf Instagram: https://www.instagram.com/queere_kirche_ruhr/
Stabsstelle Vielfalt und Gender der Evangelischen Kirche im Rheinland: https://gender.ekir.de/
Newsletter der Stabsstelle Vielfalt und Gender: https://gender.ekir.de/inhalt/newsletter
Mentoring-Programm der Evangelischen Kirche im Rheinland: https://gender.ekir.de/inhalt/mentoring
No.name: Queeres Jugendzentrum Oberhausen: https://kirche-oberhausen.de/noname/
Genderportal der Kirchlichen Hochschule Wuppertal: https://gender.kiho-wuppertal.de/
Podcast der Werkstatt Theologische Geschlechterforschung an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal: https://kiho-wuppertal.de/podcast-werktstatt-theologische-geschlechterforschung/