Was ist Nächstenliebe?

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! – Diese Aufforderung zur Nächstenliebe kennt wahrscheinlich jeder und jede. Der Aufruf zur Nächstenliebe hat seinen Ursprung in der Bibel. Grundlage der Nächstenliebe ist in der Bibel die Liebe Gottes zu uns Menschen: Sie macht uns selbst wertvoll, sie geben wir daher an andere weiter.

Erstmals wird die Nächstenliebe in den Büchern der Hebräischen Bibel, dem sogenannten Alten Testament, erwähnt. Im Neuen Testament greift Jesus Christus dieses Gebot der Nächstenliebe auf. Mit der christlichen Nächstenliebe fasst er die Zehn Gebote zusammen: Wer andere Menschen und auch sich selbst liebt, der betrügt, stiehlt, lügt und mordet nicht. Vielmehr steht er anderen bedingungslos zur Seite, hilft ihnen und setzt sich für sie ein. Jesus Christus stellt damit Barmherzigkeit und Nächstenliebe in den Mittelpunkt des christlichen Glaubens.

Mit der Nächstenliebe funktioniert das Zusammenleben

Den Nächsten wahrnehmen, ihn achten und ihm helfend zur Seite stehen: Das ist auch für uns als Evangelische Kirche im Rheinland sehr wichtig. Soziale Gemeinschaften funktionieren generell am besten, wenn niemand seinem Gegenüber schadet und sich zudem Notleidenden zuwendet. Daher schützen auch unser Grundgesetz und unser Strafgesetzbuch die Würde der Menschen, ihre Unversehrtheit und ihr Leben.

Was ist Nächstenliebe?

„Nächstenliebe ist eine innere Einstellung, aus der heraus jemand bereit ist, seinen Mitmenschen zu helfen, für sie Opfer zu bringen.“ Das ist die Definition der Nächstenliebe im deutschen Rechtschreibwörterbuch Duden . Aus christlicher Perspektive betrachtet, geht die Nächstenliebe noch weiter: Sie ist Ausdruck der bedingungslosen Liebe Gottes zu den Menschen und zeigt sich darin, anderen uneigennützig und tatkräftig beizustehen.

Nächstenliebe ist nicht bloß ein Gefühl

Mit der Nächstenliebe ist also kein Gefühl gemeint. Denn Gefühle kommen und gehen und sind oft nicht beeinflussbar. Die Nächstenliebe geht einen Schritt weiter: Sie ist eine bewusste innere Haltung gegenüber anderen Menschen und sich selbst. Nächstenliebe wird damit zu einer Selbstverständlichkeit beim Denken und Handeln: Menschen schaden sich und ihrem Gegenüber nicht. Sie wenden sich außerdem anderen zu, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Die Nächstenliebe ist damit das Gegenteil von Egoismus und Narzissmus. Sie widerspricht den Werten einer Ellenbogen-Gesellschaft, in der sich jede und jeder nur selbst am Nächsten ist.

Synonyme: Auch das ist Nächstenliebe

Es gibt einige Begriffe, die die Bedeutung der Nächstenliebe beschreiben. Das sind zum Beispiel:

  • Wohltätigkeit: Nächstenliebe zeigt sich darin, Bedürftige großzügig und herzlich zu unterstützen.
  • Wertschätzung: Wer anderen mit Achtung begegnet, praktiziert gelebte Nächstenliebe.
  • Mildtätigkeit: Menschen liebevoll zu begegnen, gerade wenn sie in Not sind, macht die Stärke der Nächstenliebe aus.
  • Selbstlosigkeit: Wer Nächstenliebe lebt, stellt das Wohl anderer auch über eigene Bedürfnisse.
  • Uneigennützigkeit: Helfen, ohne etwas dafür zu erwarten – das ist echte Nächstenliebe.
  • Hilfsbereitschaft: Bereitschaft, dem Gegenüber jederzeit die Hand zu reichen, ist Nächstenliebe in Aktion.
  • Menschenliebe: Wer jedem Menschen freundlich und offen begegnet, trägt die Nächstenliebe in sich.
  • Soziales Engagement: Wer sich aktiv für andere einsetzt, verwandelt Nächstenliebe in greifbare Taten.
  • Güte: In Güte handeln bedeutet, Nächstenliebe durch Herzlichkeit und Wärme spürbar zu machen.
  • Zuwendung: Nächstenliebe zeigt sich oft darin, anderen zuzuhören und ihnen achtsam zu begegnen.
  • Rücksichtnahme: Rücksichtsvoll miteinander umzugehen heißt, Nächstenliebe im täglichen Zusammenleben sichtbar zu machen.

All diese Begriffe machen deutlich, wie vielfältig und umfassend Nächstenliebe gelebt werden kann.

Nächstenliebe in der Bibel

Der Begriff „Nächstenliebe“ hat seinen Ursprung in der Bibel. Dort umfasst Nächstenliebe die Liebe zu anderen Menschen, die Liebe zu sich selbst und auch die Liebe zu Feinden. Diese umfassende Liebe wird auf eines zurückgeführt: Grundlage für Nächstenliebe und Selbstliebe ist immer Gottes Liebe zu jedem einzelnen Menschen.

Das Gebot der Nächstenliebe im Alten Testament

Über die Nächstenliebe wird in der Bibel das erste Mal im dritten Buch Moses im Alten Testament geschrieben. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (3. Mose, 19,18 ) So übersetzt Martin Luther diese alte Bibelstelle. Beim Übersetzen der Bibel schuf er viele neue Wörter – darunter „Feuertaufe“, „Machtwort“, „Lückenbüßer“ und eben auch „Nächstenliebe“.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Hinter dieser Aufforderung stecken gleich zwei grundsätzliche Aussagen:

1. Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du.

Das bedeutet: Dein Gegenüber fühlt und empfindet wie du. Wie du braucht der andere Mensch die Zuwendung und Nähe. Er hat daher auch deine Fürsorge und deinen Respekt verdient.

2. Liebe deinen Nächsten, wie du auch dich selbst lieben sollst.

Das bedeutet: Sorge auch für dich selbst. Das macht dich stark für die bedingungslose Zuwendung zu anderen Menschen. Im Christentum nennen wir die Aufforderung zur Selbst- und zur Nächstenliebe „Doppelgebot der Liebe“.

Nächstenliebe im Neuen Testament

Mit den Zehn Geboten legt die Bibel im Alten Testament die Basis für das menschliche Zusammenleben: Mord, Diebstahl, Verrat und Lügen über andere Menschen sind verboten. Im Neuen Testament fasste Jesus Christus diese Zehn Gebote zusammen und brachte ihren Inhalt auf den Punkt: Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten sind das Wichtigste (Markus 12,29-31 ). Denn alle Gebote würden mit der Nächstenliebe selbstverständlich eingehalten. Das schreibt auch der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom: „Wer seinen Mitmenschen liebt, hat das Gesetz erfüllt.“ (Römer 13,8 )

Jesus Christus hat in seinem Leben die Nächstenliebe ausgiebig selbst praktiziert. Er heilte Kranke. Er gab Hungernden sein Essen. Er wusch seinen Jüngern die Füße. Er sprach auf Augenhöhe mit Prostituierten, Straffälligen und anderen von der Gesellschaft ausgestoßenen Menschen.

Das Gebot der Nächstenliebe und seine Bedeutung im Christentum

In der Bibel gipfelt Jesus Christus selbstloser Einsatz für die Menschen im Tod am Kreuz: Bei der Kreuzigung gab Jesus Christus sein Leben und Gott mit ihm seinen Sohn. Beides geschah aus Liebe zu den Menschen: Denn erst dadurch gab es mit der Auferstehung Jesu einen Sieg über den Tod – und damit eine Hoffnung für alle Menschen.

Die Nächstenliebe wird damit zu einem zentralen Gebot der christlichen Ethik: Weil Gott die Menschen liebt, gab er für sie sein Leben. Das macht jeden einzelnen Menschen wertvoll. Nächstenliebe im Christentum bedeutet daher: Weil Gott uns liebt, können wir uns selbst und andere lieben.

Das Gebot der Nächstenliebe: Diese Bibel-Geschichten erzählen von der Liebe zum Nächsten

Die Nächstenliebe wird in vielen Bibelstellen veranschaulicht. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Beispiele für Nächstenliebe aus Bibelversen und Geschichten zusammengefasst.

Der barmherzige Samariter im Neuen Testament – Ein Beispiel der Nächstenliebe

Die Erzählung vom barmherzigen Samariter im Neuen Testament (Lukas 10,29-37 ) ist wohl das bekannteste Beispiel für die Nächstenliebe. In der biblischen Geschichte gehen ein Priester und ein Tempeldiener an einem verletzten Menschen vorbei. Sie wenden sich dem Hilflosen am Straßenrand nicht zu. Ein Reisender aus der damals wenig angesehenen Gemeinschaft der Samaritaner bleibt jedoch stehen. Er vorsorgt den Verletzten mit Öl und bringt ihn auf seinem Esel in einen Rasthof.

Der Samariter handelt ohne zu zögern. Vielleicht, weil er selbst erlebt hat, wie schmerzhaft es ist, ausgegrenzt zu werden. Der barmherzige Samariter steht seitdem fürs Hinschauen und Handeln, für Mitgefühl und fachkundige Hilfe. Er ist ein Beispiel dafür, dass der Nächste nicht einer bestimmten Schicht, Gemeinschaft oder Gruppe angehört: Der Nächste ist ganz einfach der Mensch, der gerade unsere Hilfe benötigt.

Was du nicht willst, dass man dir tu‘ … – Bibelvers als Beispiel für Nächstenliebe

Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg auch keinem andern zu.“ Das bekannte Sprichwort findet sich so ähnlich auch in der Bibel. Dort geht die Aussage allerdings noch einen Schritt weiter. Denn hier geht es nicht alleine darum, anderen nichts Schlechtes, sondern ihnen aktiv Gutes zu tun: „Behandelt andere Menschen genau so, wie ihr selbst behandelt werden wollt.“ Dieser Bibelvers steht im Neuen Testament im Matthäusevangelium (Matthäus 6,12 ).

Der Bibelvers beschreibt damit auch ein Prinzip der Nächstenliebe: Wenn wir von anderen Menschen gut behandelt werden wollen, dann fangen wir damit an, unseren Nächsten gut zu behandeln. Dieses Prinzip wird auch die „Goldene Regel“ genannt.

Das Göttliche im Gegenüber sehen

Als Christinnen und Christen glauben wir, dass Gott uns Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat. So steht es an vielen Stellen in der Bibel, darunter vor allem in der Schöpfungsgeschichte im Alten Testament. In unserem Nächsten sehen wir damit auch immer Gott.

Jesus Christus fasst das im Neuen Testament der Bibel so zusammen: „Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.“ (Matthäus 25,40 ) Denn gerade in der Not, bei Armut, Krankheit oder Trauer ist Gott bei den Menschen und leidet mit ihnen. Wer die betroffenen Menschen wahrnimmt und ihnen hilft, der schenkt seine Zuwendung auch Gott. Mit der Nächstenliebe wird damit das Göttliche in den Menschen gesehen.

Die Nächstenliebe als Erkennungszeichen

Die Nächstenliebe wird in der Bibel auch als eine Art Erkennungszeichen beschrieben: Christinnen und Christen soll man daran erkennen, dass sie Gottes Liebe im gemeinsamen Alltag weitergeben. In der Bibel sagt Jesus Christus dazu: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“ Der Bibelvers steht in der Bibel im Johannes-Evangelium im Neuen Testament (Johannes 13,35 ).

Die Bedeutung der Nächstenliebe im Christentum

Im Christentum bedeutet das Gebot der Nächstenliebe: Nicht wegschauen, sondern tatkräftig helfen. Und das mit allen Konsequenzen: Dieses Handeln ist oft anstrengend, unbequem und kann sogar eine Strafe oder den Tod zur Folge haben. Deutlich wird das in der Barmer Theologischen Erklärung von 1934: Mit dieser Erklärung wandten sich evangelische Christinnen und Christen öffentlich gegen die nationalsozialistische Weltanschauung. Sie taten dies trotz der Gefahr einer Inhaftierung, Bestrafung oder gar Hinrichtung. Dies begründeten sie mit der Nächstenliebe: „Wenn dem Christen im Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung ein Antisemitismus aufgedrängt wird, der zum Judenhass verpflichtet, so steht für ihn dagegen das christliche Gebot der Nächstenliebe.“

Die Nächstenliebe ist damit mehr als ein Gefühl, sie ist eine innere christliche Grundhaltung. Diese Einstellung erfordert wie bei der Barmer Erklärung die Bereitschaft, die Konsequenzen des Handelns auf sich zu nehmen.

Nächstenliebe und die Herausforderung, den Feind zu lieben

Respekt und Liebe den Menschen entgegenbringen, die einem bewusst schaden: das ist eine weitere und sehr große Herausforderung der Nächstenliebe. Denn das Gebot, den Nächsten zu lieben, umfasst in der Bibel auch die Feindinnen und Feinde. „Liebt eure Feinde! Betet für die, die euch verfolgen!“ (Matthäus 5,44 ), wird Jesus Christus im Neuen Testament zitiert.

In unserer Evangelischen Kirche im Rheinland ist diese Aussage die Grundlage einer christlichen Friedensethik. Seine Feindinnen und Feinde zu lieben, bedeutet für uns, dass bei allen Konflikten die Gewaltlosigkeit den Vorrang hat. Gemäß der evangelischen Friedensethik ist so zum Beispiel ein begrenzter Einsatz militärischer Gewalt nur der letzte Ausweg, um Recht zu wahren und durchzusetzen.

Auch im Alltag sollen mit dem biblischen Gebot der Feindesliebe die Konflikte gewaltfrei gelöst werden. Ob verbal oder körperlich: Wer nicht direkt zurückschlägt, durchbricht den Kreislauf von Aggression und Gewalt. Das fällt oft schwer. Aber es schützt Menschen und ihre Gemeinschaft, wenn die Spirale von Gewalt und Eskalation durchbrochen wird.

Nächstenliebe und die Herausforderung, sich selbst zu lieben

„Jeder ist sich selbst der Nächste.“ Dieser Ausspruch ist bekannt. Er entstammt einer römischen Komödie, die etwa 100 Jahre vor der Geburt von Jesus Christus geschrieben wurde. Diese Eigenliebe greift Jesus Christus auf, wenn er in der Bibel dazu auffordert, den Nächsten und sich selbst zu lieben.

Selbstliebe scheint erst einmal einfach. Mit ihr sind aber nicht der schiere Egoismus und das rücksichtslose Durchsetzen eigener Interessen gemeint. Christliche Selbstliebe bedeutet vor allem: auf sich achten, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen. Sie bedeutet auch: die eigenen Grenzen kennen, sich nicht ausbeuten und manipulieren lassen. Und das fällt oft schwer. Doch ein Mensch, der sich nicht schont, der sich überarbeitet und überfordert, kann auch keinem anderen helfen.

Sich selbst wahrzunehmen und zu respektieren wird damit zur Grundlage, auch den Nächsten und seine Bedürfnisse zu sehen und zu verstehen.

Praktische Beispiele für Nächstenliebe

Den anderen wertschätzen, niemanden übervorteilen, immer ehrlich bleiben und dem Gegenüber nicht bewusst schaden: Kann man diese Nächstenliebe lernen? Lässt sich die Nächstenliebe trainieren?

Wer selbst Empathie und Mitgefühl erlebt hat, kann dieses Verhalten auch leichter anderen entgegenbringen. In unserer Evangelischen Kirche im Rheinland geben wir daher die durch Gott erlebte Wertschätzung und Anteilnahme weiter.

Über die Nächstenliebe wird dabei in den Bibelkreisen, Andachten und Gottesdiensten der Kirchengemeinden nachgedacht. Dort wird gemeinsam darüber gesprochen, was die Nächstenliebe in unserem Alltag bedeutet. Gemeinsam wird überlegt, wie die Nächstenliebe ganz bewusst umgesetzt werden kann. Dabei wird die Nächstenliebe immer wieder neu eingeübt.

Nächstenliebe im Alltag bedeutet zum Beispiel,

  • die Stimme zu erheben, wenn andere diskriminiert und ausgegrenzt werden.
  • anderen zuzuhören, um ihre Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen.
  • auf Menschen in der Nähe zu achten, die unsere Hilfe brauchen.
  • unsere Wünsche hintenanzustellen, wenn wir mit ihrer Erfüllung anderen schaden.
  • vehement zu widersprechen, wenn Unwahrheiten verbreitet werden.
  • von unserem Geld und unserem Besitz etwas an Menschen abzugeben, die das gerade brauchen.

Das alles sind Beispiele für eine im Alltag praktizierte Nächstenliebe.

Die schenkende Nächstenliebe

Wer Nächstenliebe schenkt, kann dies einmal durch finanzielle Hilfen und damit durch Spenden tun. Schenkende Nächstenliebe kann sich ebenso in geschenkter Zeit  und sozialem Engagement ausdrücken. Zum Beispiel dann, wenn wir anderen zuhören oder unsere Freizeit ehrenamtlich für andere einsetzen.

Schenkende Nächstenliebe bedeutet in unserer Evangelischen Kirche im Rheinland aber vor allem eins: Wir schenken anderen bedingungslos unsere Liebe, Fürsorge und Zuwendung. Wir helfen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Und das alles, weil wir wissen, dass Gott uns liebt.

Die tätige Nächstenliebe

Für Christinnen und Christen ist die tätige Nächstenliebe eine Konsequenz der Liebe, die Gott ihnen schenkt: Sie erzählen anderen nicht nur von dieser Liebe, sondern geben sie auch aktiv weiter. Nächstenliebe wird umgesetzt, wenn anderen tatkräftig geholfen wird – seien es notleidende, kranke, ausgegrenzte, traurige oder sterbende Menschen.

Diese helfenden Menschen werden damit zu Missionarinnen und Missionaren der Nächstenliebe. Denn sie verkünden Gottes Liebe nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Damit zeigen sie ganz praktisch, was diese Liebe wirklich bedeutet.

Im Einsatz für die Nächstenliebe

Im Christentum wird die Nächstenliebe auch professionell in die Tat umgesetzt. In der evangelischen Kirche geschieht dies vor allem im bundesweit tätigen und eingetragenen Verein Diakonie . Das griechische Wort „Diakonie“ bedeutet übersetzt „Dienst“ und „Nächstenliebe“. Die Diakonie ist mit bundesweit mehr als 30.000 Diensten und Einrichtungen einer der größten Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Sie nimmt daher auch Einfluss auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen.

Die Mitarbeitenden der Diakonie verstehen ihre Arbeit als gelebte Nächstenliebe. Sie setzen sich laut ihrem Leitbild für Menschen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen, die auf Hilfe angewiesen oder benachteiligt sind.

Auf dem Gebiet unserer Evangelischen Kirche im Rheinland ist die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) tätig. Sie ist unter anderem Trägerin von Kitas, Seniorenheimen, Kliniken, Wohnheimen für Menschen mit Behinderung, Seelsorge- oder Beratungsangeboten. Die Diakonie RWL ist in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen zuständig für etwa 5000 soziale Angebote. Hier arbeiten etwa 390.000 Menschen hauptamtlich oder ehrenamtlich mit. Außerdem ist die Diakonie Saar auf dem Gebiet der rheinischen Kirche im Einsatz.

Die Diakonie setzt die Nächstenliebe professionell um. Dafür stellt sie zum Beispiel Fachkräfte ein oder bildet sie aus. Dafür wendet sie wissenschaftliche Methoden und pädagogische Konzepte an. Dabei sorgt sie für die passende Ausstattung mit Arbeitsmaterial und Räumlichkeiten. Die Arbeit der Diakonie wird refinanziert durch Behörden, Kranken- und Pflegekassen. Sie ist außerdem dank Spenden und Zustiftungen möglich.

In der katholischen Kirche ist es die Organisation „Caritas“, die bundesweit professionell als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege aktiv ist. „Caritas“ ist das lateinische Wort für Nächstenliebe.

Hospizvereine: Nächstenliebe bis zum Schluss

Ein weiteres Beispiel für die gelebte Nächstenliebe sind die Hospizvereine. In ihnen kümmern sich überwiegend Ehrenamtliche um sterbende Menschen und deren Angehörige. In unserer Evangelischen Kirche im Rheinland gibt es viele Angebote zur Hospizarbeit.

In der Kölner Innenstadt bietet zum Beispiel der Hospizdienst der Evangelischen Gemeinde Köln eine Unterstützung und Begleitung an. Dabei wirken Ehrenamtliche mit, die für ihren Dienst durch die Kirchengemeinde ausgebildet und qualifiziert werden. Diese Mitarbeitenden besuchen sterbende Menschen in deren . Sie schenken ihnen und den Angehörigen durch ambulanten Hospizdienst ihre Zeit: Sie hören zu, führen Gespräche und fragen nach Wünschen und Bedürfnissen. Je nach Wunsch wachen sie eine Zeitlang am Bett des Sterbenden, um die Angehörigen zu entlasten.

Der Hospizdienst bietet keine Krankenpflege, er ergänzt sie viel mehr. Dabei wirkt er in einem regionalen Netzwerk und kann an weitere Hilfen vermitteln. Das können unter anderem Pflegedienste, Beratungsstellen, psychologische Praxen oder Seelsorgerinnen und Seelsorger sein. Die Nächstenliebe wird auf diese Weise in evangelischen Hospizvereinen, stationären Hospizen und ambulanten Hospizdiensten praktiziert. Für Betroffene sind diese Angebote der Seelsorge in Hospizvereinen immer kostenlos. Betroffene müssen auch nicht einer Kirche angehören.

Nächstenliebe in der heutigen Welt

Das Prinzip der Nächstenliebe ist uralt. Es hat seinen Ursprung im Alten Testament der Bibel und ruft zu Respekt, Mitgefühl und tatkräftiger Fürsorge auf. Und dieses Verhalten ist auch in unserer modernen Gesellschaft wichtig.

5 Gründe, warum Nächstenliebe im Alltag lebenswichtig ist

  1. Nächstenliebe rettet Leben: Menschen schauen nicht weg. Sie helfen Obdachlosen in der Kälte, Verletzten nach einem Unfall und nehmen verfolgte Flüchtlinge auf.
  2. Nächstenliebe verbessert die Lebensqualität: Ehrenamtliche kümmern sich um einsame, erkrankte und sterbende Menschen. Sie werden damit zu Lichtblicken in deren Alltag.
  3. Nächstenliebe stärkt die Schwachen: Menschen geben denen eine Stimme, die sich selbst nicht wehren können. Sie setzen sich in Kirche, Politik und Gesellschaft für Benachteiligte ein.
  4. Nächstenliebe sorgt für Frieden: Menschen suchen bei Konflikten nach gewaltfreien Lösungen. Sie stellen dafür ihre eigenen Befindlichkeiten hintenan.
  5. Nächstenliebe garantiert Wohlbefinden: Wenn wir in einer Gemeinschaft aufeinander achten und füreinander da sind, stärken wir das gegenseitige Vertrauen und erhöhen die Lebensqualität für alle.

Der Segen der Nächstenliebe

In unserer Evangelischen Kirche im Rheinland bedeutet  alles Gute, das Gott uns schenkt. Der Segen ist für uns die Zusage, dass Gott an unserer Seite ist. Weil wir den Segen und die Liebe von Gott bekommen, geben wir beides weiter. Wer aus der Nächstenliebe heraus handelt, der kann somit zum Segen für andere werden.

Die spirituelle und emotionale Bedeutung, Nächstenliebe zu praktizieren

Die Nächstenliebe wird im Neuen Testament der Bibel mit dem griechischen Wort „Agape“ beschrieben. Agape meint eine Liebe, die nicht sinnlich, sondern spirituell und damit mit dem Geist und der Seele erlebt wird: Die Nächstenliebe ist hierbei eine göttlich inspirierte und bedingungslose Liebe zwischen den Menschen.

Auch wenn die Nächstenliebe kein Gefühl ist, so trifft sie doch unsere Emotionen. Denn Helfen kann Glückshormone freisetzen und das Belohnungssystem im menschlichen Gehirn aktivieren. Andere Menschen zu respektieren, ihnen nicht bewusst zu schaden und ihnen bei Bedarf beizustehen, schafft zudem eine stabile Gemeinschaft. Denn eine auf der Nächstenliebe basierende Gesellschaft bietet Schutz und Sicherheit. Sie kann sich gezielt fortentwickeln, anstatt in Streit, Gewalt und Chaos zu versinken. Umso wichtiger ist es, die Nächstenliebe aktiv im eigenen Alltag zu leben und bewusst zu fördern.

  • sinnundsegen.de-Team
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