Was ist typisch evangelisch?

Was ist eigentlich typisch evangelisch? Eine katholische Kirche ohne Papst? Das würde zu kurz greifen. Denn der evangelische Glaube und auch die evangelische Kirche haben ganz besondere Eigenarten, Traditionen und Bräuche.

Evangelische Christinnen und Christen haben vier Grundsätze des Glaubens gemeinsam:

  • Sola fide bedeutet auf Latein: allein durch den Glauben. Konkret bedeutet das, dass der Mensch nur durch den Glauben gerechtfertigt ist und nicht durch gute Werke und seine Leistung.
  • Sola gratia heißt, dass allein durch die Gnade Gottes der Mensch errettet wird. Sein eigenes Tun spielt dabei keine Rolle.
  • Solus Christus steht dafür, dass nur Jesus Christus die Autorität über Gläubige hat. Das bedeutet auch, dass die Kirche eben nicht eine solche Autorität hat.
  • Sola scriptura heißt übersetzt: allein die Schrift. Die Bibel ist für evangelische Christinnen und Christen die Grundlage ihres Glaubens und nicht die Tradition der Kirche.

Typisch evangelische Traditionen und Feiertage

Diese Grundsätze gehen zurück auf Martin Luthers Ideen zur Reformation der Kirche. Sie unterscheiden sich an einigen Stellen von den Grundsätzen katholischen Glaubens. Für römisch-katholische Christen ist zum Beispiel nicht nur die Bibel Grundlage des Glaubens, sondern auch die Tradition und die Gebräuche der Kirche. In Erinnerung an Martin Luther und den Beginn der Reformation feiern evangelische Christinnen und Christen in Deutschland am 31. Oktober den Reformationstag. Wo er gesetzlicher Feiertag ist und welche weiteren Feiertage Protestantinnen und Protestanten – wie evangelische Christinnen und Christen auch genannte werden – feiern, haben wir hier zusammengefasst.

Auch regionale Unterschiede sind typisch evangelisch

Typisch für die evangelische Kirche sind zwar die vier Lehren der Reformation, die vier „Soli“. Aber es gibt alleine schon regional unterschiedliche Verständnisse davon, was es bedeutet, evangelisch zu sein. Auch das ist typisch evangelisch, denn es gibt in der evangelischen Kirche keinen Aufbau, an dessen Spitze zum Beispiel ein Chef oder eine Chefin steht. Innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland  gibt es zum Beispiel 20 Gliedkirchen, von denen die Evangelische Kirche im Rheinland eine ist.

Typisch evangelisch: Das macht die Evangelische Kirche im Rheinland aus

Für die Evangelische Kirche im Rheinland ist zum Beispiel der Aufbau von unten nach oben ein Alleinstellungsmerkmal. Das heißt, dass die Gemeinden ganz viel selbst bestimmen. Sie regeln, wie ihre Gottesdienste ablaufen, welchen Pfarrer oder welche Pfarrerin sie einstellen oder wofür sie Geld ausgeben. Ein Leitungsgremium – das so genannte Presbyterium oder der Gemeindekirchenrat – entscheidet über diese Punkte. Ins Presbyterium kann sich jedes Gemeindemitglied über 18 Jahren wählen lassen.

Typisch für die Evangelische Kirche im Rheinland sind offene Diskussionen

Raum für offene Diskussion zu schaffen, heißt für die Evangelische Kirche im Rheinland, dass theoretisch auch jeder und jede mitreden kann. Das bringt mit sich, dass es auch direkte und offene Diskussionen über die Kirche gibt. Und genau das ist auch gewollt und typisch für das Rheinland und die rheinische Kirche. Wer am Stammtisch, auf der Arbeit und in der Öffentlichkeit seine Meinung sagen darf, soll das auch in der Kirche tun dürfen. Dass wir über Themen des Glaubens und die Bibel überhaupt auf Deutsch diskutieren können, ist auch Martin Luther zu verdanken. Luther hat die Bibel ins Deutsche übersetzt. Und damit hat er Grundlagen des christlichen Glaubens für eine breitere Masse an Menschen verständlich gemacht.

  • Red.
  • EKiR/Hans-Jürgen Bauer

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